Abendzeitung

Windkraft und Tränengas

Kabarest zieht einen sehr vergnüglichen Rückblick aus drei Jahrzehnten Programm

Ottfried Fischer bewarb sich in der Gründerzeit des Ensembles, so erinnert man sich an "einen korpulenten Herrn aus der Gegend von Passau", wurde aber wegen mangelnder Eignung für das Kabarett abgelehnt. Er "machte später Karriere als Kriminalbeamter in Bad Tölz" feixen die drei mitleidlos. Solche Geschichten kann nur eine Truppe erzählen, die im vierten Jahrzehnt ihres Wirkens ist. Seit den 1970er Jahren sind Gretel Rost und Lisa Grundhuber Bestandteile zunächst der Giesinger und später der Schwabinger Brettl-Szene.

Sie sind der Rest des 1985 aufgelösten Münchner Sati(e)rschutzvereins und nennen sich, zusammen mit dem multitalentierten Musiker Martin Grundhuber, folgerichtig Kabarest. Ihre Vergangenheitsbewältigung mit dem Best-of-Programm "Auf! Wieder! Hören!" bei Heppel & Ettlich hat mit den langjährigen Fans im Publikum den Charme eines Familientreffens und kommt doch ohne nostalgische Verklärungen und wehmütige Sentimentalitäten aus. Sehr locker, und nach eigener Einschätzung, "mit gelegentlicher Textsicherheit" zeigen sie eine Revue aus den keineswegs immer guten alten Zeiten.

So plaudert man über Auftritte im Tränengasnebel von Wackersdorf oder Gastspiele im Oberland, wo man wegen der kessen Sprüche gegen den Landesvater ein Fluchtfahrzeug mit laufendem Motor vor dem Wirtshaus parkte. Heute riskieren Rost und die Grundhubers weniger Streit mit der CSU als mit den spöttisch besungenen "Wutbürgern", die sich nach dem Sieg über die Atomkraft nun gegen Windkraft und Solarenergie wehren – zumindest da, wo sie dahoam san.

Mathias Hejny