AZ vom 20. 1. 2006

Das Kabarest gratuliert: »Heppel Birthday«

Kneipe mit Kleinkunst, das gibt‘s oft. Das von Wolfgang Ettlich und Henny Heppel gegründete Heppel & Ettlich in Schwabing jedoch ist seit drei Jahrzehnten ein einmaliges soziokulturelles Biotop. Viele Kabarettisten haben hier angefangen, auch die Gruppe Kabarest. Zum Jubiläum gratulierte sie mit der musikalischen Liebeserklärung »Heppel Birthday – to you. 30 Jahre Tresenthesen«.

Dafür stellt Regisseurin Gisela-Maria Schmitz einfach den Tresen auf die Nudelbrettbühne. Lisa Grundhuber und Gretel Rost singspielen hier einen Kneipenabend von der Anfahrt in der Tram bis zur Sperrstund‘, die sich auf »herzwund« reimt. Die Songtexte von Karl-Heinz Hummel mischen spöttische Wehmut, Hoffnungen und Enttäuschungen (»wieder nix fürs späte Glück«) zur ironischen Rück- und Nabelschau aufs Schwabinger Lebensgefühl. Man wird mit seiner Stammkneipe älter: »Zapfhahnbrüder, Caipi-Schwestern, uns umweht ein Hauch von gestern.« Nur das Fleischpflanzl bleibt unverändert die Corporate Identity des Heppel. Pianist Martin Grundhuber jongliert lässig zwischen Bee Gees, Brecht-Songs und Beethoven, singt auch bissige Gstanzln zum Akkordeon. Und die Damen werfen sich beherzt in Diven- und Schlampen-Posen. Wie im richtigen Kneipenleben, bloß mit satirischer Distanz.

Gabriella Lorenz

 

SZvom 20. 1. 2006

Lob der Bulette
Die Kabarettgruppe Kabarest besingt das Heppel & Ettlich

Eine Corporate Identity hatte diese Kneipe schon immer. Deren Eckpfeiler sind Bier, Barhocker und Buletten. Vor allem
die Buletten. Stinknormale Fleischpflanzerl sind das, doch ihre Berliner Schnauze haben die Wirte Wolfgang »Wolle« Ettlich
und Henry »Henny« Heppel immer gegen die Übermacht bajuwarischer Sprachgepflogenheiten zu verteidigen gewusst.
Kein Wunder, dass die runden Fleischklopse im Geburtstags-Programm zum 30-jährigen Bestehen der Theaterkneipe
Heppel & Ettlich eine tragende Rolle spielen. Wer kann schon von sich behaupten, am Geschmack des »Weichfleischs«
das Herkunftsland der Köchin zu erschmecken?»

30 Jahre Tresenthesen« heißt die Jubiläumshommage, mit der die Truppe Kabarest flott, witzig und so richtig schön sentimental an die Höhen und Tiefen des Schwabinger Bulettenmonopols erinnert. Was sich geändert hat seit den Zeiten, »als alles noch so richtig früher war«? Eigentlich nichts. Na gut, die Damentoiletten wurden renoviert, aber sonst ist alles
wie immer. Die Stammgäste sind in Würde mitgealtert und lassen heute die Sau raus mit einem Achtel Wein statt wie
früher mit einem Dutzend Halben. Und die Nachbarn beschweren sich mit offenen Briefen über das linke Image der Kneipe.

Lisa Grundhuber, Gretel Rost und Martin Grundhuber beschwören mit deftigen Liedern das »Schwabinger Gefühl«, lästern über den Männerüberhang am Tresen und besingen die »Grundmelancholie« der Münchner. Überhaupt: »Wenn im Fasching einer lacht, das muss ein Fremder sein.« Eine Geburtstagsshow wie ein Kneipenabend: Nicht alles, was der typische Weißbiervernichter so von sich gibt, zeugt von nobelpreisverdächtiger Geistesschärfe. Das macht aber nichts, dafür gibt‘s Selbstironie satt. Schließlich war man im Heppel immer auf der richtigen Seite: »Die einen waren schlecht, die anderen
waren wir.« In diesem Sinne: Heppel birthday!

Jenny Hoch

 

tz vom 20. 1. 2006

Von der Bulette zum Fleischpflanzl

Das nostalgische Schwabing-Gefühl mit seinem Biotop in der Kaiserstraße – es stellt sich tatsächlich ein beim Trio Kabarest. »Heppel Birthday« wünschen die drei der unverwüstlichen Kneipe und lassen 30 Jahre Tresen-Thesen in einer fetzigen Revue wieder aufleben. Was war Heppel & Ettlich nicht alles: Think Tank der Gescheiterten, Planschmiede der strammen Linken, Eroberungs-Revier der Einsamen…

Gretel Rost und Lisa Grundhuber, die stimmstarken Frontfrauen, schmettern Freches, Frivoles und Sentimentales über die gute alte Zeit von der Nudelbrettbühne und kokettieren musikalisch mit dem schmächtigen Sauertopf Martin Grundhuber, der mit trockenem Witz und starken Tönen am Klavier kontert.

Die jung gebliebenen temperamentvollen Blondinen feiern auch: Schon zehn Jahre stehen die Halbprofis auf den Brettern, längst fit in allen Ritualen des Show-Biz. Gretel Rost persifliert wunderbar selbstironisch sämtliche Diven-Posen, Lisa Grundhuber setzt in gestandenem Bairisch bissige Gstanzln dagegen. Und wenn die Frauen an der Bar über die Mutationen der Berliner Bulette zum Münchner Fleischpflanzl sinnieren, bekommt die Komik den Biss der Biermösl Blosn.

B. W.